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Description
(Short description)
Von Namenlosen wird hier erzählt, von kleinen Leuten in großen Nöten, vom verborgenen Leben und von frostigen Fingern. Welches Kraut ist gegen Gewalt und Krise, gegen Krankheit und Hass, gegen Neid und Missbrauch gewachsen? Gibt es überhaupt so ein Kraut und wo kann man es finden - mitten in der Stadt? "Servene ist Erfinder und Dramaturg zugleich, der sich Gedemütigten, Verletzten und Zerstörten widmet. Seine Protagonisten kämpfen und bieten dem Leben die Stirn. Seine Schauplätze menschlicher Hoffnungen und Ängste, seine Dramatik in alltäglichen Geschichten, der geschilderte Zerfall von Sozialstrukturen sind es, die Juroren überzeugen." (Mannheimer Morgen). Das Buch versammelt preisgekrönte, bislang verstreute Geschichten und neue Stories über das kleine Glück.
(Extract)
"Mannheim, Germany. Es war einmal eine Stadt namens Mannheim.Der Vergnügungsanzeiger titelte: Postraub, wer fuhr den grauen Ford? Und er meinte damit die Uraufführung eines Films mit Wolfgang Neuss und Otto Wernicke. Blaue Autobusse kehrten zurück aus der fröhlichen Pfalz, im Tanz-Café Rheinland rüstete man schon zum letzten Tango, der Kontrabassist von der Hauskapelle stimmte die Saiten auf Sturm, und im Tattersall-Restaurant, 3 Minuten vom Bahnhof mit seinem 90-Betten-Hotel, da wartete der Taxifahrer Ochgottochgott ungeduldig auf den letzten Schluck Whiskey. Doch nicht er, sondern der lange Charly trank den letzten Schluck, und die Fahrt konnte endlich losgehen. Vor der Konditorei Café Excelsior am Paradeplatz stieg Charlys Freundin zu. Sie hieß Bronja Goldpfeil und betrieb ein Nachtlokal im Jungbusch. Sie liebte nur Charly, denn der beschützte sie mit allem, was er hatte, obwohl sie klein, dürr und unerträglich zickig war. "Deine Augen hauen mich um!", pflegte Charly zu sagen,wenn er betrunken war und seine natürliche Scham zu ersoffen, um seine tiefsten Gefühle bei sich zu behalten. Als ein GI seine Bronja beleidigte, indem er herumschrie, sie habe zuviel auf den Deckel geschrieben, da griff der lange Charly zu seiner Pistole und ballerte in die Decke des Lokals. Der GI floh, und von oben kam Ochgottochgott runter, er wohnte schließlich dort, und nun hatte er ein blaues Handtuch um seine nackten Hüften geschlungen. Er war platschnass, fluchte und schimpfte und brüllte, denn er hatte gerade ein heißes Entspannungsbad genommen, als die Projektile seine Wanne durchlöcherten; Charly hatte gewissermaßen seine Badewanne erschossen. Doch jetzt zielte Charly auf ihn, und er stieß verzweifelt 'Ochgottochgott' aus, er warf seine Hände nach oben, und das blaue Handtuch glitt schneller, als er erwartet hätte, auf seine nassen, kaum behaarten Füße. Da erinnerten sich alle in der Kneipe, die vielleicht Genickschussbar hieß, dass dieses sein beliebtester Ausdruck war: 'Ochgottochgott!'. Und alle brüllten vor Lachen, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern, wieherten wie kranke Rennpferde und riefen schließlich wie aus einem Mund: 'Ochgottochgott!' So war Ochgottochgott zu seinem Namen im Jungbusch gekommen. Der lange Charly aber soll gestorben sein, als er auf Moshe Dajans Seite, dem Helden Israels mit der Augenklappe, im Sechstagekrieg kämpfend, Bronjas Bild über einer Düne hatte aufsteigen sehen, wie eine Sonne über dem Horizont des Meeres. Als er seiner Fatima entgegengeeilt war, lief er direkt in eine ägyptische Ma-schinengewehrsalve. 'Ein schöner Tod', sagte viel später Ochgottochgott, 'mit schönen Grüßen vom Pharao'. 'Alla!', sagten andere, und dass Charly immer noch lebe; und zwar in Mannheim, aber nicht mehr im Jungbusch.Im Café Kiemle in der Plankenhof-Passage wartete Asbach-Charly, und vor dem Nationaltheater gabelten sie noch Schweine-Meyer mit y auf, einen kleinen Zuhälter aus der Pfalz, der sich gerade 'Figaros Hochzeit' angeschaut hatte, denn er war ein perverser Zuhälter. Die musikalische Leitung hatte übrigens Professor Eugen Szenkar gehabt. Und im Schauspielhaus gaben sie gerade die 'Johanna von Orleans' mit Ingrid Bergmann. Wie meistens war Ochgottochgott recht planlos durch die Quadrate gesaust, und damals hatte er von Charlys Tod natürlich noch nichts ahnen können. 'Wo wohnt er?', fragte Schweine-Meyer mit y.'Im Turm der Feuerwache!', sagte Bronja Goldpfeil bedeutungsvoll. 'Ist er denn jetzt dort?', fragte Asbach- Charly. 'Das hebt schon!', sagte der lange Charly trocken."Alla!", sagte Ochgottochgott. Sie wollten einen dieser Schreiberlinge entführen, nicht weil sie sich davon Geld versprachen, sondern weil doch endlich mal einer ihre Geschichte aufschreiben musste. Hatten sie nicht lange und intensiv genug gelebt, um ein Stückchen Unsterblichkeit zu verdienen? Sie hatten sich den Film angesehen. 'Wer fuhr den grauen Ford?' ..."