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Description
(Text)
Der Scharfrichter erhebt mit beiden Händen das Richtbeil und lässt es auf den Nacken des Verurteilten niederfallen. Das Haupt, vom Rumpf getrennt, fällt auf das Schafott nieder. Der Scharfrichter übergibt das Beil einem Gehilfen, nimmt seinen Hut ab, steigt herab und meldet die vollzogene Enthauptung. So geschehen am 16. August 1878 im Zellengefängnis Berlin-Moabit. Spannend wie ein Krimi ist dieses Skandalstück deutscher Rechtsgeschichte, in dem ein misslungenes Attentat auf Kaiser Wilhelm I., ein eilends ernannter Scharfrichter und ein Beil aus dem Märkischen Museum Berlin die Hauptrollen spielen. Vorab soviel: Es geht auch darum, ob ein Museumsobjekt zum Exekutionswerkzeug taugt. Ein kunstphilosophischer Essay erkundet, ob die Kopie eines Richtbeils zwangsläufig ein Richtbeil sein muss. Reproduktionen zahlreicher Abbildungen, Briefe und Originaldokumente geben Spielraum für eigene Interpretationen.Echt scharf!
(Table of content)
Eine ungewöhnliche HinrichtungDie Tat Ein Attentat wird zum strategischen Instrument: Bismarck und das SozialistengesetzDer Hödel-Prozess Der Gang zum Schafott Ein Henker ohne Richtbeil KLEINE GESCHICHTE IN BILDERN KLEINE GESCHICHTE IN DOKUMENTEN Aus dem ReichsstrafgesetzbuchFlugblatt über Hödels AttentatDie Aussage Kaiser Wilhelms I.Im Namen des Königs: Das Todesurteil Hödels letzte drei Schriftstücke, aus der Chronik des Städtischen Museums 1. Herzlich geliebte Eltern! 2. Max Hödels letzte Wünsche sind folgende 3. Autobyographie des Klempnergesellen Emil Heinrich Max Lehmann, geb. Hödel, gen. TraberKLEINE GESCHICHTE IN DER KRITIK Andreas Resch: Die Kopie eines Richtbeils muss nicht zwangsläufig ein Richtbeil sein Glossar, Quellennachweise, Abbildungsverzeichnis
(Extract)
Eine ungewöhnliche Hinrichtung "Nunmehr übergebe ich Ihnen den Klempnergesellen Emil Heinrich Max Hödel zur Enthauptung." Mit diesen Worten überweist am frühen Morgen des 16. August 1878 der Untersuchungsrichter M. Hollmann dem Scharfrichter Julius Anton Alexander Krautz den wegen eines missglückten Attentats auf Kaiser Wilhelm I. zum Tode verurteilten Delinquenten Max Hödel. Der Verurteilte wendet sich kurz um und geht forschen Schrittes, dicht gefolgt vom Scharfrichter und seinen drei Gehilfen, auf die Richtstätte zu, steigt die vier Treppenstufen hinauf und tritt an den Block heran, allerdings von der falschen Seite her. Auf die Andeutung eines Gehilfen hin wendet er sich zur richtigen Stelle mit den Worten: "Also hier!" Er entkleidet sich, bis der Oberkörper entblößt ist. Dann kniet Hödel ohne Beihilfe nieder und legt sein Kinn mit dem Ausspruch "Adieu" in die Auskehlung des Richtblocks. Nachdem die Scharfrichtergehilfen seine Arme unten über Kreuz am Block festgebunden und seinen Kopf mit einem Riemen oben fixiert haben, erhebt der zu seiner Linken stehende Scharfrichter Krautz mit beiden Händen das Richtbeil bis auf die Höhe seiner Brust und lässt es auf den Nacken des Verurteilten niederfallen, wodurch das Haupt, vom Rumpf getrennt, auf das Schafott niederfällt. Die Augen zucken noch zweimal und nach etwa zehn bis fünfzehn Sekunden öffnet sich der Unterkiefer "zu einer schnappenden Bewegung", wie Augenzeugen zu berichten wissen. Der Scharfrichter übergibt das Beil einem Gehilfen, nimmt seinen Hut ab, steigt vom Schafott herab und meldet die vollzogene Enthauptung. Das Beil, mit dem die Exekution durchgeführt wird, tut seinen Dienst zum ersten und gleichzeitig auch letzten Mal. Es handelt sich um eine für museale Zwecke angefertigte Kopie des Richtbeils des Scharfrichters Reindel, welche sich der Berufsanfänger Krautz in Ermangelung eines eigenen Beils aus dem Bestand des Märkischen Provinzialmuseums entliehen hat, um es nach vollzogener Hinrichtung zurückzugeben - ein in der Geschichte des Berliner Museumswesens wohl einzigartiger Fall.