- ホーム
- > 洋書
- > ドイツ書
- > Fiction
- > novels, tales and anthologies
Description
(Text)
Algerien in Aufruhr. Der sechzehnjährige Ailane will eigentlich nur ins Dorf, um für seine Mutter einen halben Zuckerhut zu kaufen. Auf dem Weg dorthin schließt er sich den Islamisten an, es bleibt unklar, ob freiwillig oder unfreiwillig. Die Jugendlichen schreien ihr Unbehagen heraus, der Aufstand am 5. Oktober 1988 wird blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit verlässt Ailane sein Heimatdorf und kehrt erst am 11. September 2001 zurück, der Tag, an dem sich alles ändert. Dreizehn Jahre verbringt er im Lager der barbus, der Bärtigen, und erlebt ihre Grausamkeit, ihren Drogenmissbrauch und Homosexualität. Am Ende kommt heraus: Ailane hat einen Doppelgänger. Wer ist denn nun wer?
Eine Reise zwischen den Hirngespinsten einer grausamen Realität und den bizarren Auswüchsen verdrängter oder enttäuschter Gefühle. "Das Zimmer der unkeuschen Jungfrau" vermischt realpolitische Ereignisse mit erfundenen. Amin Zaoui kritisiert gesellschaftliche Konventionen und die Reden jener Politiker, die behaupten, Algerien sei sicher, wirtschaftlich und politisch stabil, obwohl es in einer Krise steckt, bei der noch kein Ende abzusehen ist. Er behandelt das in der arabischen Welt tabuisierte Thema Sexualität mit geradezu brutaler Offenheit. Zaoui sucht Antworten auf die Frage nach den Ursachen für die Zerrissenheit seines Landes, für die Gesetzlosigkeit und die verlorene und noch immer nicht wiedergefundene Identität.
(Extract)
Nirwana
Meine Großmutter sagte:Eine Frau, die es nicht schafft,mit Leidenschaft zu kochen,bringt es auch im Bett nicht weit.
Und stille Wasser sind nicht tief.Auf dem Höhepunkt ihres Orgasmus schrie Sultana unter mir: Lutsch meine Brüste, lutsch meine Brüste! Es ist Zeit zu gehen. Mir sind die Kerne der Aprikose lieber als die Frucht selbst. Warum? Ich weiß es nicht. Für alle Kinder im Dorf waren diese Kerne der Inbegriff der Freude am Lutschen, Spielen und Gewinnen. Ich gewinne gerne. Verlierer mag ich nicht. Im Sommer gab es viele Spiele mit Aprikosenkernen. Das interessiert euch nicht? Eure Sache! Es ist Zeit zu gehen! Als ich das Haus verließ, um beim Einarmigen, dem einzigen Lebensmittelhändler im Dorf, einen halben Zuckerhut zu kaufen, hätte ich nie gedacht, geschlagene dreizehn Jahre unterwegs zu sein.
Und stille Wasser sind nicht tief. Süß!! Honigsüß! Der Dämon in mir ist erwacht!
Nach der Liebeswonne lagen wir ausgestreckt auf einem falschen Perserteppich mit zwei wunderbaren, aufgedruckten Pfauen, Sinfonie der Farben, Sultana, noch nackt, warf mir einen argwöhnischen und durchtriebenen Blick zu, Begierde sprach aus dem Feuer ihrer Augen, und sie sagte: Mich interessiert, wie du deinen Pimmel in der Unterhose verstaust. Ihre sanfte und himmlische Stimme klang in meinen Ohren wie die einer aussterbenden Vogelrasse. Eine Rasse, die es nur im Paradies oder in der ausgelassenen Phantasie von Ziryab (789-857) gab, dem berühmten, im andalusischen Granada lebenden Lautenspieler und Sänger aus Bagdad. Sultana trug ihr Ansinnen weder erheitert, noch spöttisch oder hänselnd vor. Sie sah ernst aus, nachdenklich und besonnen. Eine kindliche Poesie beseelte das schimmernde Wasser ihrer Augen! Ich weiß nicht warum, aber eine mysteriöse Kraft verwandelte das strahlende Schwarz ihrer Augen in Jadegrün. Ich geriet in Panik. Stille Wasser sind nicht tief!
(Author portrait)
Amin Zaoui, geboren 1956,ist Schriftsteller und Journalist bei liberté. 1995, nach der öffentlichenVerbrennung eines seiner Bücher durch die algerischen Islamisten, folgte er der Einladung des internationalen Schriftteller-Parlaments nach Frankreich, dem seinerzeit Salman Rushdie vorstand. Seit 2000 lebt und arbeitet er wieder in Algerien. Zaoui schreibt mit spitzer Feder im Stil der arabischen Erzähl- undPoesietradition gegen Heuchelei, Gewalt und Rückwärtsgewandtheit; seine Erzählungen sind Farce und Analyse der soziopolitischen Situation in Algerien zugleich.



