Description
(Short description)
Der Zweck und die Bedeutung von Kartellbußgeldern für einen funktionierenden Wettbewerb sind übliche und gewichtige Argumente, wenn es um die Bewertung verfahrensleitender Bestimmungen im europäischen Kartellrecht geht. Entscheidend muss dabei aber weiterhin die Vereinbarkeit mit der EMRK beziehungsweise der EU-GRCh sein. Doch dies scheint nicht für alle Aspekte der Fall zu sein. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Kartellbußgelder in beliebiger Höhe behördlich verhängt werden dürfen.
(Text)
Das europäische Kartellrecht hat in den letzten Jahrzehnten diverse Reformen erfahren. Jedoch sind nach Ansicht des Autors noch nicht alle Verfahrensdefizite behoben, die für sich genommen, aber erst recht in ihrer Gesamtheit, ein Legitimationsdefizit zur Folge haben: Unternehmen sind weiterhin zu selbstbelastenden Aussagen verpflichtet, sie haben kein Recht zur Zeugenladung oder -befragung, es gelten verschiedene Beweisvermutungen und schließlich werden Kartellbußgelder, die bis zu 10 Prozent des Vorjahresgesamtumsatzes betragen können, durch eine nicht unabhängige und nicht unparteiliche Behörde in einem nicht öffentlichen Verfahren verhängt und sind auch bei einer Anfechtung sofort vollziehbar.Der Autor unterzieht das europäische Kartellverfahrensrecht einer umfassenden Analyse und kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Praxis mit den Vorgaben aus der EMRK und der EU-GRCh nicht zu vereinbaren sei. Dennoch könne ein behördliches Sanktionsverfahren zulässig sein. Entscheidendsei jedoch, dass die verhängte Sanktion bei einem gleichzeitig höheren Verfahrensgarantieniveau nicht existenzvernichtend wirke. Andernfalls müssten Kartelle unmittelbar in einem gerichtlichen Verfahren sanktioniert werden.
(Review)
"Die Dissertation von Florian Henn überzeugt mit klaren dogmatischen Herleitungen und einer leserfreundlichen Schreibweise mit einer Vielzahl von wertvollen Verweisen. Inhaltlich weist die Arbeit einen hohen Praxisbezug auf und schliesst gleichzeitig wesentliche wissenschaftliche Lücken - ein Spagat, der nicht leicht zu bewerkstelligen ist." Michael Jutzeler, in: sic! 11/2019
(Text)
»European Antitrust Law and Criminal Procedural Guarantees«Cartel sanctions are an important means to ensure the functioning of the European market. Their purpose may however not justify any rigorosity of cartel proceedings against companies. Above all, the procedural practice needs to be compliant with the European Convention on Human Rights and the Charter of Fundamental Rights, which is currently subject to some doubts. The author argues therefore, whether cartel sanctions may be imposed by an administrative authority regardless of their height.