Description
(Text)
Rechtswissenschaft ist das, was durch die Federstriche des Gesetzgebers nicht zu Makulatur wird. Der Wert des vorliegenden Buchs für methodische und dogmatische Grundlagenforschung war durch den Übergang zum Lissabon-Vertrag nicht beeinträchtigt worden. Doch versteht es sich von selbst, dass für die praktische Seite des Werks die methodengeleitete Dogmatik entsprechend umzuarbeiten und die umfangreiche neueste Rechtsprechung und Literatur konstruktiv zu integrieren waren: etwa zur Rolle genetischer Konkretisierung (Art. 53 Abs. 7 EUGRC, neue Vertragsmaterialien), zum effet-utile-Argument, zu den Spannungen zwischen dem EuGH und den einzelnen Obersten Gerichtshöfen, zwischen Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht wie auch zum Völkerrecht, besonders auch im Bereich der europäischen Grundrechte seit der Grundrechtscharta. Die Frage des Anwendungsbereichs der Unionsgrundrechte erforderte vor dem Hintergrund judizieller Schwankungen beim EuGH eine intensive Untersuchung, wie auchdie Diskussionen um »Abwägung«, »Prinzipien« und »richtlinienkonforme Rechtsfortbildung«. In all diesen Fragen sollte der alte hermeneutische Textbegriff mit seinem Phantom eines vor- und übergeordneten Sinnzentrums ebenso verabschiedet werden wie eine regelplatonistische und in sich widersprüchliche Prinzipienlehre. Was dagegen der Realität gewachsen ist, das sind eine Rechtspraxis als horizontal verknüpfendes gesetzeskontrolliertes Fallrecht und das Bemühen um eine in Fallketten herzustellende pragmatische Kohärenz - ein intern pluralistisch strukturiertes Recht vor dem Hintergrund eines Polyzentrismus des Mehrebenensystems, welches das Europarecht als Hybridform zwischen Statute Law und Case Law auszeichnet.Im ganzen ist das Buch jetzt wieder nach Vertragslage, Rechtsprechungsanalyse und theoretischer Debatte an vorgeschobener Front und auf neuestem Stand.
(Table of content)
1. Problemstellung: Ein Recht in vielen Sprachen2. Zum gegenwärtigen Stand der Methodik des UnionsrechtsWortlaut: Verstecken oder Verwerten von Mehrsprachigkeit - Systematik: Vom Buch zum offenen Text - Geschichte: Von der Willensmetapher zur Argumentform - Zweck: Von der metaphysischen Voraussetzung zur Schlussform - Empirische Argumente als Maßstab oder am Maßstab des Gesetzes - Rechtsvergleichende Auslegung zwischen Erfindung und Fortbildung - Spielarten der unionsrechtlichen Konformauslegung - Das Verhältnis der Konformauslegung zum nationalen Recht - Die Entwicklung einer europäischen Methodik als Rechtserzeugungsreflexion3. Strukturmodell der richterlichen RechtserzeugungNormstruktur: Was heißt Rechtsanwendung? - Legitimationsstruktur: Woran ist praktische Rechtsarbeit zu messen? - Textstruktur: Wie navigiert man im Rechtstext?4. Leistung der einzelnen ArgumentformenGrammatisches Argument - Systematisches Argument - Historisches und genetisches Argument - Teleologisches Argument - Normbereichsargument - Rechtsvergleichendes Argument - Konformauslegung im Gemeinschaftsrecht - Konformauslegung im nationalen Recht - Methodische Probleme bei Unionsgrundrechten5. Rationalität und Überprüfbarkeit der Rechtsprechung des EuGHNormative Vorgaben für die Teilung und Kontrolle richterlicher Gewalt - Geltungsstruktur: Rolle des Gesetzes für die Rechtserzeugung - Die Wortlautgrenze oder das Recht auf Sprache - Rangfolge oder das Recht auf Argumente - Begründung oder das Recht auf legitime Entscheidung - Positivität, Legalität und Legitimität des Gemeinschaftsrechts6. Das Unionsrecht zwischen Zentralismus und PluralismusVerträgt das Unionsrecht mehrere Zentren? - Verschwindet der Pluralismus in Verfahren und Entscheidung? - Kann das Unionsrecht pluralistisch funktionieren?7. Literaturverzeichnis8. Personenverzeichnis9. Sachverzeichnis