Description
(Text)
Adrian Ludwig Richter (1803-1884) war der Sohn eines Dresdner Kupferstechers. Als Kind schon beobachtet er die Erwachsenen um sich herum, hört ihren Gesprächen zu und grübelt dabei, wie sein eigener Lebensweg einmal aussehen mag. So mühsam plagen wie sein Vater möchte er sich nicht. Ein großer Held möchte er werden, einer der Kriegshelden, die alle Welt rühmt. Er schwärmt für Napoleon, den er in Dresden hoch zu Pferd sieht. Zum 10. Geburtstag wünscht er sich, ein Schlachtfeld mit eigenen Augen zu sehen. Der Schock ist so groß, dass er sich in die Welt der Märchen flüchtet. Später - zum Maler und Kupferstecher ausgebildet - sucht er sein Glück in der Feme, besonders in Rom, wo er viele deutsche Kollegen trifft. Zurückgekommen in die Heimat, wächst sein Ruhm.Doch zufrieden mit sich ist er selten. Sein Lebensweg führt über Höhen und Tiefen, Irrtümer und Selbstzweifel. Falsche Einschätzungen müssen über Bord geworfen werden. Er schafft eine friedliche Gegenwelt in seinen Bildern und zahlreichen Druckgrafiken, die in Alben "Fürs Haus" weite Verbreitung fanden und besonders die Kinder begeisterten. Seine Lebenserinnerungen verraten viel über ihn, auch wenn er sie nicht mehr zuende bringen konnte.
(Table of content)
Das HeldengedichtNapoleon in DresdenBöse VorzeichenBesatzungszeitEin entsetzlicher GeburtstagswunschZeichenfieber und MärchenzauberBei den GroßelternLehrjahreFernwehEin verlockendes AngebotVon fürstlicher Gnade und UngnadeBrotarbeit und FernwehUnterwegs ins Land der SehnsuchtAm Ziel der Wünsche - RomDie Deutsch-RömerAbschied vom SüdenWieder daheimAuf eigenen FüßenAuf der Albrechtsburg in MeißenEin böser Traum und ein neuer Anfang
(Extract)
Fackeln werden entzündet und Metallkörbe mit brennenden Kienkloben an den Straßenrändern aufgestellt. Der rötliche Feuerschein reißt die angestrahlten Gestalten aus dem Dunkel und lässt Gesichter und bunte Uniformen aufleuchten. Welch ein Schauspiel!Adrian Ludwig ist hellwach. Der Vater hat ihn hochgehoben, damit er alles genau sehen kann. So, ja genauso hat er sich Helden vorgestellt: bunt und imposant.Ich muss mir alles genau merken, überlegt er, zu Haus mal ich dann alles in mein Skizzenheft. Mit Farben natürlich. Wenn ich nur alles behalten könnte! Und er starrt auf die prunkvollen Garden, die polnischen Ulanen mit den silbernen Kokarden. Immer exotischer wird der Zug. Auch Mamelucken sind dabei. Schließlich der Höhepunkt: die Karosse mit dem Kaiserpaar!Trompeten schmettern, Trommeln rasseln, alle Glocken der Stadt läuten, Kanonen donnern. Manche Leute schreien: "Vivat!" oder "Vive l'Impereur!". Manche aber pressen die Lippen zusammen.Was nun noch kommt, ist von geringerem Interesse : Nachhut, Feldküche, Marketenderinnen. Die Menge zerstreut sich.Adrian Ludwig lässt sich wieder willig von seinem Vater an die Hand nehmen. Er hätte nichts dagegen, wenn er ihn tragen würde. Er ist so müde, dass er richtig taumelt. So lange darf er sonst nie aufsein.Die Bilder aber flimmern noch immer vor seinen Augen, bunt und wild durcheinander."Ist das jetzt jeden Tag so?", fragt er."Tja, eine Weile werden wir wohl noch Zuschauer am Rande des Weltgeschehens sein."Das klingt rätselhaft. Adrian Ludwig aber ist zu müde, um es sich erklären zu lassen. Jedenfalls wird es nicht langweilig werden. Vielleicht bringt es sogar schulfrei mit sich! Denn wenn jetzt hier ständig Truppen durchziehen, kann man die Kinder schlecht auf den Schulweg schicken.



