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Description
(Short description)
Ein Beitrag zur Geschichte der laufenden Finanzkrise. Im Kern die Frage: Warum lassen wir uns Tag für Tag so viel Unsinn erzählen? All die ehernen Sätze des neoliberalen Glaubensbekenntnisses lässt der italienische Soziologe Luciano Gallino Revue passieren: Wir leben über unsere Verhältnisse, die Märkte werden's richten, Liberalisierung tut not, und Klassen gibt es schon lange nicht mehr. Sätze wie diese unterzieht Gallino einer derart klarsichtigen Revision, dass man sich fragt: Wie kann es sein, dass uns all das als alternativlose Wahrheit verkauft wird? Die seit Jahren nicht endende Staatsschulden-Krise lässt sich nämlich lesen als gigantische Umverteilung von unten nach oben - und als Rücknahme historischer Erfolge einfacher Arbeiter und Angestellter in den Jahrzehnten nach dem letzten Weltkrieg. Gallino sieht in der aktuellen Krise eine große historische Korrekturbewegung. Und die Wiederaufnahme des Klassenkampfs - diesmal von oben.
(Extract)
"VORWORT
Für den Fall, dass die Leserin oder der Leser es noch nicht wissen sollten: Das größte Problem der Europäischen Union ist die Staatsverschuldung. Wir haben zu lange über unsere Verhältnisse gelebt. Es sind die Renten, die die tiefen Löcher in die Staatshaushalte reißen. Entlassungen leichter zu machen, schafft Arbeitsplätze. Die Funktion der Gewerkschaften hat sich erledigt: Sie sind Überbleibsel aus dem vorletzten Jahrhundert. Die Märkte sorgen dafür, dass Kapital und Arbeit dahin fließen, wo ihr Nutzen für die Allgemeinheit am größten ist. Die Privatwirtschaft ist in jedem Bereich effektiver als die öffentliche Hand: bei Wasser und Nahverkehr, bei Schule, Sozialversicherung und Gesundheit. Die Globalisierung zwingt zur Lohnzurückhaltung. Und schließlich: Es gibt keine gesellschaftlichen Klassen mehr.
Das alles mag einem vorkommen wie die erste Liste eines Sammlers von Ideen, der an einem Wörterbuch für zeitgenössische Nachahmer von Bouvard und Pécuchet arbeitet. Leider handelt es sich nicht um ein Hobby für einsame Junggesellen wie bei Flaubert. Mehr oder weniger wohl strukturiert werden einem diese Ideen jeden Tag als Quintessenz der Moderne präsentiert, will heißen einer Welt, die sich geändert hat, nur wir haben es noch nicht gemerkt. Wer versucht sich nicht alles daran, sie unters Volk zu bringen: Tageszeitungen jeder Machart, ob groß oder klein, und natürlich das Fernsehen (aber hier von strukturierten Ideen zu sprechen, wäre dann doch zu viel des Guten); fast alle Politiker, zu welcher Partei sie auch immer gehören mögen; eine ordentliche Anzahl von Gewerkschaftern; Tausende von Dozenten in ihren Seminaren an der Universität; und schließlich zahllose ganz normale Leute.
Angesicht solch totaler Einmütigkeit, die es in der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts nie gab, stellt sich dann doch die Frage, wie diese Einmütigkeit zu Stande kommen konnte. Auf der Suche nach Erklärungen könnte man berühmte Theorien aufgreifen, vom falschen Bewusstsein über die Höhle Platons bis zu den Idola Bacons, vom Schleier der Ideologie bei Marx bis zum Begriff der Hegemonie bei Gramsci. Oder, um mehr beim Alltäglichen zu bleiben, man könnte auf eine Flut von Publikationen, Kongresse und Dossiers verweisen, die aus den internationalen think tanks des Neoliberalismus kommen und tagtäglich dessen wirtschaftliche ..."
(Author portrait)
Luciano Gallino, gestorben 2015, Soziologe, emeritierter Professor der Universität Turin, langjähriger Präsident des italienischen Soziolgenverbands, Herausgeber der Quaderni di Sociologia, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt bei Einaudi: "Finanzcapitalismo. La civiltà del denaro in crisi".