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Description
(Text)
Als Folge des Zerfalls der einheitlichen Sinnsysteme im 20. Jahrhundert hat auch die Literaturwissenschaft ihre Sinn-Ansprüche schrittweise reduziert. Ihre Glaubwürdigkeit als auslegende Wissenschaft erhoffte sie sich zu erhalten, indem sie ihre Ergebnisse auf vergleichbare, quantifizierbare und jedermann einsichtige Aussagen abstützte. Das hat sie in die Sackgasse einer im Ergebnis inhaltsleeren Sinnskepsis getrieben. Auch ist es üblich, das eigene Begehren oder die eigene Faszination, die man bestimmten Texten gegenüber hat, nur als biographische Fussnote zu verraten. Es ist zu vermuten, dass damit zentrale Potentiale der Texte verdrängt werden. Aber das Verdrängte kehrt wieder, und zwar mit Vorliebe an den Unorten und in den Grenzbereichen der herrschenden Vernunft. Zum Beispiel, so die These dieser Untersuchung, als Theologie. In der Tat ist festzustellen, dass im 20. Jahrhundert Autoren wie Walter Benjamin, Ernst Bloch und auch Sigmund Freud auf theologisches Sprachmaterial und theologisch geprägte Deutungstraditionen zurückgreifen. Diese theologischen Deutungen sind zu lesen als Protest gegen die Unzulänglichkeiten und Beschränkungen der aufgeklärten Vernunft. Aber gleichzeitig sind sie die Suche nach Bündnismöglichkeiten mit den verdrängten Stoffen der Aufklärung, im Namen von Aufklärung. Der Begriff der theologischen Lesbarkeit fragt nach dieser Art von Bündnisfähigkeit in den Texten.
(Author portrait)
Rolf Bossart, geboren 1970 in St. Gallen, ist Publizist und Dozent für Philosophie und Psychologie und Mitarbeiter für Theorie beim International Institute of Political Murder. Zuvor war er Redakteur bei Neue Wege. Beiträge zu Religion und Sozialismus .