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Description
(Text)
»Eine wunderschöne Familiensaga.« The Times
England, Winter 1875. Elijah wird als unehelicher Sohn der jungen Clementina, die zum Volk der fahrenden Romani gehört, geboren. Er wächst ohne Vater auf, und seine Mutter erzieht ihn nach den uralten Regeln des Volksstamms. Als junger Mann verliebt sich Elijah ausgerechnet in Rose, eine Sesshafte, heiratet sie und zieht damit den Zorn seiner Mutter auf sich. Doch dann steht Clementina eines Tages vor Elijahs und Rose Tür und beansprucht einen Platz zum Wohnen. Da begreift Rose, dass Clementina ihren Sohn nie kampflos einer anderen überlassen wird.
(Extract)
Peterborough - 1949
Eine herbstliche Beerdigung, orange und schwarz: es ist November. Sonnenstrahlen treffen so auf den Gasometer hinter der Wellington Street, dass der mächtige rostige Zylinder glüht, als stünde er in Flammen. Der stählerne Wandelgang um das Gehäuse hebt sich scharf davon ab, ein Treppenaufgang, der nirgends hinführt als um die Außenhülle herum. Das Purgatorium hält Einzug in Peterborough.
Lijah Smith, im Begriff, seine Mutter zu Grabe zu tragen, schaut auf den Gasometer, während die Leichenbestatter den kleinen Sarg aus dem Haus tragen. Lijah steht auf dem Bürgersteig, neben dem Leichenwagen, kaut Tabak und amüsiert sich darüber, wie die Gardinen der Nachbarn zucken. Nur Mrs. Martin aus der dreiundsechzig ist vors Haus getreten, um offen zu gaffen. Ihr Mann hat vor dem Krieg im Mietstall gearbeitet und Lijah kennt alle beide. Er nickt ihr zu. Sie erwidert sein Nicken. Er sieht, dass sie ihre besten Schuhe angezogen hat, und errät an ihrer Haltung, dass sie drücken.
Es sind vier Sargträger, aber Lijahs Mutter ist so winzig und leicht, dass einer von ihnen den Sarg quer über beiden Armen halten könnte. Die vorderen beiden legen ihr Sargende auf dem Leichenwagen ab und treten dann zurück, damit die anderen den Sarg ganz hineinschieben können. Sie kehren Lijah die Rücken zu und stecken flüsternd die Köpfe zusammen. Lijah errät, dass ihr Chef beschlossen hat, er braucht sie nicht alle.
Etwas wird unter den Männern weitergereicht, und zwei von ihnen drehen sich um, verbeugen sich und gehen gemessenen Schrittes davon. Der Beerdigungsunternehmer tritt vor und hält Lijah die Tür auf, damit er auf dem Rücksitz des Leichenwagens Platz nehmen kann. Lijah dreht sich um, hebt den Deckel der Mülltonne seiner Mutter an, spuckt seinen Tabak hinein und legt den Deckel wieder auf. Er rückt seine Mütze zurecht und schüttelt die Manschetten seiner Hemdsärmel aus. Bevor er einsteigt, lehnt er sich auf einem Fuß zur Seite. Der Sarg im Innenraum verdunkelt dieScheibe so, dass Lijah sich in dem langen Wagenfenster spiegeln kann. Er überprüft, ob die geölte Schmachtlocke, die er sich jeden Morgen an die Stirn klebt, noch sitzt. Mit dem angefeuchteten Finger korrigiert er ihren Schwung und dreht sich dann noch rechtzeitig zur offenen Tür, um den Blick aufzuschnappen, den die zwei Bestatter wechseln.
"Jawollja, Gentlemen", sagt Lijah stolz und steigt ein. Zum - soweit abzusehen - ersten und einzigen Mal erlebt er, wie ein Mann, bestellt und bezahlt, mit einem Bückling die Autotür hinter ihm schließt.
Da es eindeutig eine Schande wäre, auch nur ein Stück der dicken schwarzen Polsterung zu verschwenden, sitzt Lijah genau in der Mitte und lehnt sich zurück, beide Arme ausgebreitet. Als der Leichenwagen anfährt, beugt er sich vor und klopft an das Schiebefenster. Der Beerdigungsunternehmer auf dem Beifahrersitz öffnet es. Lijah rutscht weiter vor und fragt: "Wir fahren doch die Eastfield rauf, oder? Nicht über Nebenstraßen?"
"Ganz wie Sie wünschen, Sir."
"Also dann die Eastfield."
"Selbstverständlich, Sir."
Kaum hat der Mann das Fenster zugeschoben, klopft Lijah schon wieder.
"Ja, Sir?" Jetzt klingt die Stimme des Mannes übertrieben diensteifrig.
"Immer schön langsam." "Selbstverständlich, Sir." "Nein, ich mein noch langsamer als üblich." "Sehr wohl, Sir." Der Mann schiebt das Fenster zu und Lijah sieht, wie er dem Fahrer etwas zumurmelt. Seit Lijah als kleiner Junge zwei Jahre lang Mittelohrentzündung hatte, hat er sein Talent zum Lippenlesen nicht verloren. Der Mann sagt: "Mist verfluchter, noch langsamer, und wir fahren rückwärts."
Mit zufriedenem Lächeln lässt sich Lijah zurücksinken. Sie passieren den Gewerbehof und biegen auf die Hauptstraße ein.
Der Trauergottesdienst ist kurz. Lijah ist der einzige Leidtragende. Bald sind sie wieder draußen unter der kalten Sonne. Die ockerfarbenen Dachziegel auf den Häusern gegenüber der Kirche sehen in dem Licht weich