Ringkampf

Ringkampf

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Description


(Short description)
Die Frankfurter Oper steht in Flammen und mit ihr Wagners Untergangsepos vom "Ring des Nibelungen". Jahre später wagt man einen Neubeginn mit dem Ensemble von damals. Doch den engagierten Regisseur Alexander Raven und die kühle Dramaturgin Cora Sterneck verbindet mehr als die gemeinsame Arbeit. Aus ihrer einst flammenden Leidenschaft ist eine schwelende Ruine geworden, die erneut ihre Opfer fordert.
(Extract)
Er hatte sich die Götterdämmerung anders vorgestellt. Zwar umhüllte ihn schwarzes Gewölk, zwar umloderten ihn gleißende Flammen, zwar brach der Himmelsdom in Trümmer, doch die rechte Stimmung wollte nicht aufkommen. Wotan röchelte. Er spürte, wie er langsam erstickte.
Reuig fiel er auf die Knie. Nie wieder wollte er seine Gattin betrügen. Nie wieder wollte er eine seiner Töchter oder alten Geliebten einschläfern. Nie wieder wollte er seine Schwägerin verhökern. Nie wieder wollte er gestohlenes Gold stehlen. Nie wieder wollte er eine Villa in Auftrag geben, die er nicht bezahlen konnte. Nie wieder wollte er inzestuöse Zwillinge zeugen. Nie wieder wollte er tumbe Ehemänner erschlagen. Nie wieder wollte er sich als Wolf im Unterholz herumtreiben. Nie wieder wollte er an seiner göttlichen Bestimmung zweifeln. Nie wieder wollte er das Wort Götterdämmerung in den Mund nehmen.
Wotan hob den Blick. Er sah nur Rauch und rot. Glühende Metallskelette spreizten ihre Finger. Stahlträger hörten auf zu tragen. Mauerwerk wankte, Leinwand brannte. Vorhang flog in Fetzen davon.
Der Gott sank am Boden zusammen. Verzweifelt schlug seine Lunge mit den Flügeln. Noch nie gehörte Musik dröhnte in seinen Ohren. Auf roten Tatzen
kroch das Feuer näher. Tausend Zungen leckten nach ihm.
Zum letzten Mal atmete Wotan die vergiftete Luft. Tränen füllten seine Augen. Er zog sich den weiten Göttermantel über den Kopf. Als die Flammen seine Füße fraßen, wurde Wotan Nihilist.
Der rote Hahn hatte Frankfurt aus dem Schlaf gekräht. Schwerer Qualm wälzte sich über der Stadt. Eine verschreckte Menschenmenge drängte um das Opernhaus. Aufgerissene Augen hingen an der Feuersäule, die aus dem Dach heraus mächtig in den Himmel stieg. Daneben ging die Sonne glanzlos auf. Im Foyer erwachten die Goldwolken, als dämmere ein gewöhnlicher Morgen. Die Außenmauern wahrten den Schein. Doch im Innern der Oper hatte das Sterben begonnen.
Die Möwen segelten im Funkenflug. Scharenweise stießen sie ins Flammenmeerhinab. Der Main bedeckte sich mit der Asche seiner Töchter.
Reglos kauerten die Junkies im Opernpark. Horror und Heroin kämpften um ihre Pupillen. Sie verfluchten den Stoff, aus dem ihr Alptraum war.
Wie ein Denkmal stand der Intendant und Generalmusikdirektor vor seinem brennenden Haus. Das grelle Spektakel verschlang sein letztes Werk der Nüchternheit. Noch eine Woche hätte er gebraucht, die Wagnerschen Feuerzauber im Ring des Nibelungen klein zu kochen. Doch die kantig gemeißelten Züge verbaten sich ein jegliches Lamento. So gefaßt und trocken, wie er hier neuneinhalb Jahre den Taktstock geführt hatte, so gefaßt und trocken nahm er nun seinen Abschied. Neben ihm fröstelte der Kulturdezernent. Ein Streifen nackter, weißer Haut stach unter flatternden Schlafanzugbeinen hervor. Die Härchen sträubten sich im kalten Morgenwind. Auch seine Amtszeit ging zu Ende. Als Schutzherr einer blühenden Kulturlandschaft hatte er aus Frankfurt scheiden wollen. Er strich sich durch die Silbermähne. Was blieb, war nur mehr Wallenstein am Grabesrand.
Die Stunde des Einsatzleiters hatte geschlagen. Der oberste Branddirektor kam, sah und brüllte. Mit quietschenden Reifen war er vom Flughafen zurückgefahren. Schon die fernen Rauchgebirge hatten an seiner Ehre gekratzt. Die Flammen, die ihn jetzt zum Emporblicken zwangen, zernagten seinen Stolz. Er kommandierte ein Dutzend Männer in die Oper ab. Im Kraftwerk der Gefühle herrschten sechzehnhundert Grad.
Immer neue Löschzüge umstellten das verglühende Gebäude, gruben ihre Räder in den schlammigen Wiesengrund. Auf dem Main hängten Feuerwehrboote ihre Pumpen ins Wasser.
Der Technische Direktor der Oper bahnte sich den Weg durch das Gewühl aus Schläuchen und hilflos hilfsbereiten Händen. Zwanzig Jahre hatte er an diesem Haus gearbeitet, zwanzig Jahre in ihm gelebt. Ihm brannte das Herz.
Am Pförtnereingang hatte sich eine verzweifelte Menschentraube gebildet. Orchesterm