Description
(Short description)
Das strafrechtliche Doppeleheverbot zum Schutz kultureller Mehrheitsvorstellungen wirft erhebliche Begründungsschwierigkeiten auf. In der Arbeit werden, auch mit Blick auf die internationale Debatte, mögliche Schutzgüter von
172 StGB vorgestellt und kritisch hinterfragt. Darüber hinaus wird untersucht, inwiefern der symbolische Gehalt und der paternalistische Charakter der Norm mit der deutschen Strafrechtsdogmatik vereinbar ist. Im Ergebnis fordert der Autor, die Doppelehe zu entkriminalisieren.
(Text)
Strafgesetze zum Schutz kultureller Vorstellungen oder Tabus geraten zunehmend unter Druck. Das gilt auch für das strafrechtliche Doppeleheverbot. Seitdem das Sittengesetz als Begründungsressource weggefallen ist, stellt sich die Frage neu, wie der Gesetzgeber die Kriminalisierung von Polygamie rechtfertigen kann. Der Erklärungsversuch, die Norm schütze die staatliche Eheordnung, ist ein Zirkelschluss, aus dem nicht folgt, weshalb das zivilrechtliche Einehegebot einer strafrechtlichen Absicherung bedarf. In der Arbeit werden, auch mit Blick auf die internationale Debatte, mögliche Schutzgüter von
172 StGB vorgestellt und hinsichtlich ihrer legitimatorischen Tragfähigkeit kritisch hinterfragt. Unter Berücksichtigung des Gebots der Begründungsneutralität wird im Weiteren untersucht, inwiefern der symbolische Gehalt und der paternalistische Charakter der Norm mit der deutschen Strafrechtsdogmatik vereinbar ist. Im Ergebnis fordert der Autor, die Doppelehe zu entkriminalisieren.
(Table of content)
A. Problemaufriss und FragestellungenB. Das strafrechtliche DoppeleheverbotDie Doppelehe - Das strafrechtliche Verbot - Im Spannungsverhältnis von Kultur und StrafrechtC. Grundlagen staatlichen StrafensRichtungsstreit: Rechtsgutslehre gegen Verfassungsmäßigkeit - Kritik an der Lehre vom Rechtsgut - ZusammenführungD. Ratio legisSchutz Einzelner - Schutz der Allgemeinheit - ZwischenergebnisE. VerfassungsmäßigkeitKontrollumfang - Betroffene Grundrechte - Rechtfertigung - ZwischenergebnisF. Grundlagenfragen der Kriminalisierung von PolygamieSymbolisches Strafrecht - Religiös-weltanschauliches Neutralitätsgebot - Paternalismus-ProblemG. Ergebnisse der UntersuchungH. AusblickLiteratur- und Stichwortverzeichnis
(Text)
»The Criminalization of Polygamy - Section 172 German Criminal Code at the Crossroads between Culture and Criminal Law«With the criminalization of polygamy, the legislator aims to protect majoritarian cultural values. Taking account of the international debate, the author assesses possible regulatory objectives. In addition, he aims to clarify to what extent the symbolic content and paternalistic character of the norm is compatible with German criminal law doctrine. In conclusion, the author calls for the decriminalization of polygamy.
(Author portrait)
Tom Langerhans studied law in Hamburg (Bucerius Law School) and Paris (Sciences Po) with a focus on the philosophy and theory of law. He then completed his Ph.D. thesis at the Humboldt-University of Berlin on a criminal law topic. During his legal traineeship, he worked at the Federal Ministry of Justice in the department for Fundamental Rights. After his second state examination, he worked as a lawyer in the field of data, media and technology. Tom Langerhans was appointed as a judge in Berlin at the end of 2019.