Description
(Short description)
Die Arbeit widmet sich der Ingerenz, also der Garantenpflicht aus pflichtwidrigem gefahrschaffendem Vorverhalten, die im Gesetz bisher nur eine rudimentäre Regelung erfahren hat. Die längst überfällige grundlegende Aufarbeitung ihrer dogmatischen Grundlagen, Voraussetzungen und Grenzen liefert mit dem Gefährdungsunrecht den gesuchten Strafgrund und entwickelt ihre Entstehungsvoraussetzungen und Zurechnungsgrenzen entlang einer Parallele zu den Begehungs- und Fahrlässigkeitsdelikten.
(Text)
Die Arbeit liefert eine grundlegende Untersuchung der Ingerenz, also der Garantenpflicht aus pflichtwidrigem, gefahrschaffendem Vorverhalten. Ihre Legitimation ist seit Jahrzehnten hochumstritten, ihr Verhältnis zu den anderen Garantenpflichten weithin ungeklärt und die gesetzliche Regelung defizitär. Die Arbeit greift dies auf, analysiert Rechtsprechung und Lösungsansätze der Literatur zu Garantenlehre und Ingerenz und nimmt zur verfassungsrechtlichen Problematik Stellung. Ihr Ergebnis liefert nicht nur den gesuchten Strafgrund, sondern zeigt auch die Voraussetzungen und Grenzen einer künftigen Ingerenzpflicht auf. Diese solle nicht nur eigenständig kodifiziert, sondern mithilfe des Gefährdungsunrechts auch individuell begründet werden. Parallel zu den Begehungs- und Fahrlässigkeitsdelikten sei stets eine rechtlich missbilligte Gefahrschaffung vorauszusetzen. Rechtfertigungs- und Einwilligungsfragen werden entlang der Grundsätze zur objektiven Zurechnung aufgelöst.
(Table of content)
1. Einführung
Einleitung in die Problemstellung - Der Gang der Untersuchung - Grundzüge der Strafbarkeit aus unechten Unterlassungsdelikten
2. Geschichte des unechten Unterlassens
Die Ursprünge der Unterlassungsstrafbarkeit - Die Entstehung der Lehre von den Garantenpflichten - Normierung des 13 StGB
3. Die Ingerenz in der Rechtsprechung
Von den Anfängen der Garantenpflicht aus Ingerenz - Die Ingerenz heute: Übernahme durch den Bundesgerichtshof - Auswertung
4. Zur Begründung der Garantenpflichten
Methodische Vorüberlegungen - Historische Betrachtung der Garantenlehre - Die jüngere Garantenlehre - Moderne Begründungs- und Systematisierungsversuche - Auswertung der Garantenlehre für die Zwecke dieser Untersuchung
5. Verfassungsrechtliche Vorgaben
Wortlaut - Der aktuelle Stand von Wissenschaft und Praxis - Perspektiven künftiger Normauslegung - Zusammenfassung
6. Zur Legitimation der Ingerenz im Speziellen
Die Ingerenz in der Literatur - Neumodellierung des Strafgrundes der Ingerenz
7. Neujustierung der Garantenpflicht aus Ingerenz
Von der Gefahrschaffung zur Garantenpflicht: die Verhaltensqualität - Von der Garantenpflicht zum Erfolg: die Zurechnung
8. Kleiner Anwendungsleitfaden
Meineidsbeihilfe durch Unterlassen - Gastwirtfälle - Produkthaftung (»Lederspray«) - Cleanmagic - Weiterungsfälle
9. Schlussbetrachtungen und Ausblick
Literatur- und Stichwortverzeichnis
(Text)
»The Ingerenz. Criminal Liability for an Omission Arising out of Prior Unjust Endangerment«
This thesis analyses the liability principles for prior unjust endangerment under German criminal law, which are currently regulated superficially, at best. Following the long overdue review of its dogmatic basis, requirements, and limits, it introduces the novel concept of unjust endangerment as the long-sought justification. It then delineates requirements and limits of criminal liability for omissions after prior endangerment along the lines of classic intent and negligence offences.