Description
(Text)
Anmut und Poesie des buddhistischen Glaubens
Das Tausend Hände Sutra entstand in der Blütezeit des koreanischen Buddhismus. Erste Fassungen lassen sich bis in das 7. Jahrhundert zurückverfolgen. In den Zen-Klöstern Koreas wird das Sutra heute noch täglich rezitiert und ist ein wichtiger Bestandteil des lebendigen buddhistischen Lebens.
Der Text, ein Glanzstück spiritueller Poesie, beschreibt ein Leben aus der Erleuchtung heraus. Aus der Einsicht, dass alle Lebewesen Leid erfahren und spüren, erwächst das Mitgefühl als Grundstimmung und Impuls unseres Handelns.
Die Illustrationen des über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannten koreanischen Künstlers Hyo Rim wurden eigens für diese Ausgabe entworfen. In Stil und Technik verbinden sie Tradition und Moderne. So ist ein zeitloses, sehr kraftvolles Buch entstanden, das den Leser mit seiner Schönheit berührt.
(Extract)
Eintausend Hände, eintausend Augen - dies sind die Merkmale Avalokiteshvaras, Bodhisattva des allumfassenden Mitgefühls. Er, der die Schreie der Welt erhört, steht im Mittelpunkt des Tausend Hände-Sutra. Mit Tausend Augen vermag er jedes einzelne Geschöpf des Universums zu sehen und mit Tausend Händen gewährt er jedem bedürftigen Wesen Hilfe und Schutz. Avalokitesh-vara verkörpert die grenzenlose Barmherzigkeit des erleuchteten Bewusstseins, das der Buddha vollkommen verwirklicht hat und das jedes fühlende Wesen in sich trägt.
Die mit dem Glauben an die erlösende Kraft des Mitgefühls verbundene Verehrung Avalokiteshvaras entstand im Indien des zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhunderts. In den folgenden Jahrhunderten formten sich Sutras, die diesem Glauben Ausdruck verliehen. Zunächst verbreiteten sie sich über den indischen Subkontinent und gelangten schließlich nach China, wo durch Übersetzung und Bearbeitung chinesischer Mönche und Gelehrter weitere Fassungen entstanden.
Vermutet wird, dass mit der Rückkehr des koreanischen Mönchs Uisang, der in China den Buddhismus studiert und unter chinesischen Meistern praktiziert hatte, das Tausend Hände-Sutra nach Korea gelangte. Zu jener Zeit, am Ende des siebten Jahrhunderts, trug es den Titel: Anrufung des tausendhändigen und tausendäugigen, grenzenlos und allumfassend barmherzigen Avalokiteshvara. In Korea wurden diesem Sutra im Lauf der Jahrhunderte unter dem Einfluss verschiedener buddhistischer Glaubensrichtungen weitere Sutras und Mantras hinzugefügt. Daraus entstand schließlich ein einzigartiger Text, der die wesentlichen Elemente des koreanischen Buddhismus in sich vereint.
Allerdings konnte der Sinn des weiterhin in Sanskrit und Chinesisch gehaltenen Tausend Hände-Sutra nur von buddhistischen Gelehrten verstanden werden. Für die meisten Menschen aber blieb es - obwohl in den Klöstern Koreas täglich rezitiert - über mehr als ein Jahrtausend ein geheimer Text, zu dem jeder inhaltliche Zugang verwehrt war. Dem einfachen Volk diente beispielsweise der erste Satz des Sutra "Suri Suri Maha-suri Susuri Sabaha" als eine Art Zauberspruch ähnlich dem aus einer Verballhornung lateinischer Worte entstandenen "Hokus Pokus" unseres christlichen Kulturkreises.
Es ist das Verdienst der Zen-Meisterin Daehaeng, das Tausend Hände-Sutra ins Koreanische übertragen und eine Fassung geschaffen zu haben, deren Gehalt dem Original in nichts nachsteht und die dennoch auch dem
Laien verständlich ist. Deutlich zeigt sich nun in den vielfältigen Facetten des Sutra, in seinen Mantras und Bodhisattva-Gelübden, seinen Reueversen und Lobgesängen ein Weg, der in das Innere des menschlichen Herzens führt, ein Weg der Erleuchtung. Auf diesem Weg können wir erkennen, dass Avalokiteshvara nicht getrennt von uns ist, sondern unserem eigenen Herzen entspringt. Die Tausend Hände Avalokiteshvaras sind nichts anderes als eine Manifestation der grenzenlosen Fähigkeit und Barmherzigkeit unseres wahren Wesens. Dass wir diesen unermesslichen Schatz in uns tragen, dass wir mit Buddha und allen Geschöpfen auf das Innigste verbunden sind, dass wir ursprünglich frei sind, unbefleckt von Hass, Gier und Angst, daran erinnert uns das Tausend Hände-Sutra.
ÜBER DIE ZEN-MEISTERIN DAEHAENG
Die 1927 in Seoul geborene Daehaeng Kunsunim gehört zu den bedeutendsten buddhistischen Meistern Koreas. Schon in sehr jungen Jahren sah sie sich mit grundlegenden Fragen der menschlichen Existenz konfrontiert: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Woher kommt das Leiden?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, praktizierte sie mehr als zehn Jahre als Einsiedlerin in den Bergen. In diesen Jahren der Wanderschaft und inneren Einkehr erkannte sie, dass alles Leiden durch Unwissenheit geschaffen wird. Weil sich die Menschen ihrer Verwurzelung in der Einheit nicht bewusst sind, leben sie, als wären sie von allem getrennt. Weil sie den endlosen Strom der Wirklichkeit nicht wahrneh