Description
(Text)
Die Erwählungs- oder Prädestinationslehre gehörte lange zu den umstrittensten Traditionsbeständen christlicher Theologie. Den einen galt sie als unverzichtbar für das Verständnis des barmherzigen Gottes. Anderen dagegen schien die Vorstellung, dass nur ein Teil der Menschheit zum Heil vorherbestimmt sei, mit dem Gehalt des christlichen Glaubens nicht vereinbar. Nachdem sie deshalb lange Zeit in Misskredit geraten war, ist die Lehre von der Erwählung heute in den Kirchen weitgehend vergessen. Matthias Zeindler schlägt einen neuen Zugang zum Thema Erwählung vor. Der Begriff der Erwählung, so die These, gehört in die Mitte des christlichen Gottesverständnisses. Im Rückgriff auf biblische Konzepte wird die Erwählungslehre als Versuch interpretiert, Gottes Handeln in der Welt angemessen zu verstehen. Die Rede von der Erwählung zeigt Gott als den, der menschlichem Handeln stets gnädig zuvorkommt. Daraus wird ein Verständnis von Glaube und Kirche entwickelt, das sich kritisch unterscheidet von der gängigen Auffassung von Religion als autonomer Wahl. Auf diese Weise wird deutlich, dass die Lehre von der Erwählung nur ein Ziel hat: Gott als einen Gott der Liebe einsichtig zu machen.
(Author portrait)
Matthias Zeindler, Dr. theol., Jahrgang 1958, reformierter Pfarrer in Erlach und Privatdozent für Systematische Theologie an der Christkatholischen und Evangelischen Theologischen Fakultät Bern.