- ホーム
- > 洋書
- > ドイツ書
- > Social Sciences, Jurisprudence & Economy
- > Education Science / Pedagogic
- > didactics, methodics, school education
Description
(Text)
Das vorliegende Werk gibt zunächst einen kurzen Überblick über die deutsche Reformpädagogik, bevor es sich schwerpunktmäßig mit ihrer mittleren Phase, der sog. Pädagogischen Bewegung, auseinandersetzt, die auf den Grundpositionen Diesterwegs und Keys aufbaut. Dies geschieht anhand des Vergleiches dreier charakteristischer Schulsysteme der Bewegung. Zunächst wird die Arbeitsschule Georg Kerschensteiners betrachtet, im Anschluss die auf der Anthroposophie beruhende Waldorfschule Rudolf Steiners und letztlich die Landerziehungsheim-Bewegung von Hermann Lietz. In allen drei Fällen wird zunächst der jeweilige Begründer vorgestellt, danach ein Blick auf das Konzept geworfen und schließlich eine kritische Stellungnahme abgegeben. Abgeschlossen wird die kompakte Untersuchung mit einem Blick auf Wirkung und Erfolg der Konzepte.
(Extract)
Textprobe:
Kapitel 2.2, Die Waldorf-Schule:
2.2.1, Der Begründer: Rudolf Steiner: Vater eines weiteren maßgeblichen Konzeptes der Pädagogischen Bewegung ist Rudolf Steiner (1861-1925) mit seiner 1919 bei Stuttgart gegründeten Waldorfschule. Nach einem umfangreichen Studium der Naturwissenschaften, der Mathematik und der Philosophie in Weimar ist Steiner als Hauslehrer in Wien tätig. Dabei unterrichtet er den als bildungsunfähig eingestuften jüdischen Jungen Otto Specht. Dieser Arbeit, von Steiner mit Erfolg geleistet, entspringen die Grundlagen seiner späteren Pädagogik. 1891 promoviert Steiner in Philosophie an der Universität Rostock. Damit verbunden sind die Veröffentlichungen zahlreicher philosophischer Schriften, u.a. auch die Philosophie der Freiheit (1894), die heute als sein Hauptwerk angesehen wird. Nach langjähriger Tätigkeit für die Theosophische Gesellschaft Berlin gründet er 1913 die Anthroposophische Gesellschaft . Die Erkenntnislehre der Anthroposophie wird von Steiner maßgeblich geprägt; auf ihr basieren auch die Methoden der privaten Waldorfschule des Zigarettenfabrikanten Emil Molt, der Steiner als Leiter der Schule einsetzt und das Schulkonzept erarbeiten lässt.
2.2.2, Das Konzept der Waldorfschule:
Grundlage der Waldorfpädagogik ist die sog. Anthroposophie. Diese besagt, dass der Mensch ein Bürger dreier Welten ist, er besteht aus Leib, Seele und Geist. Folglich gehört er der physischen, der seelischen und der geistigen Welt an. Laut Steiner erlebt jeder Mensch nur die physische Welt bewusst. Durch Schulungen ist es ihm jedoch möglich, in die anderen Welten einzudringen. Zuerst erlangt er durch Konzentration und Meditation eine imaginative Erkenntnis, die es ihm ermöglicht, sein Grundwesen wahrzunehmen. Durch die bewußte Selbstwahrnehmung gelingt es dem Menschen nun, die Kontinuität seines Bewusstseins zu beobachten und so die geistige Welt zu erkennen.
Kinder besitzen diese Einheit von Leib, Seele und Geist noch nicht, sie muss sich erst entwickeln. Diese Entwicklung erfolgt in drei Phasen, den sog. Jahrsiebt[en] . Bis zum siebten Lebensjahr ist besonders die leibliche Entwicklung ausgeprägt. Sie zeichnet sich durch Nachahmung aus. Es folgt die zweite Phase bis zum 14. Lebensjahr, die seelische Entwicklung drängt in den Vordergrund; statt Nachahmung überwiegt nun Denken, soziale und intellektuelle Erkenntnisse werden herausgebildet. Als abschließende dritte Phase tritt die geistige Entwicklung ein, die sich mit dem Schlagwort Orientierung charakterisieren lässt.
Geht man in der Pädagogik von der Anthroposophie aus, gelangt man zu dem Ergebnis, dass das herrschende Schulsystem versucht, den Willen der jungen Menschen zu bilden, ohne die ihn belebende Einsicht zu pflegen . So fehlt ihm später die Fähigkeit, sich durch selbst erarbeitete Einsichten im Leben orientieren zu können. Dieses Problem beruht nach Ansicht Steiners zu einem Großteil auf zu großen Klassenverbänden. Ein weiteres großes Problem stellt sichfür Steiner in diesem Zusammenhang darin, dass die Schulen staatlich gelenkt sind: Die jungen Menschen werden nicht frei erzogen, sondern so ausgebildet, dass sie später brauchbare Staatsbürger sind. Man geht nicht vom Menschen aus und fragt, wie er veranlagt ist, sondern bestimmt im Voraus seinen Zweck und fragt, was er dazu wissen muss. Eine freie Entwicklung ist seiner Ansicht nach nur möglich, wenn auch die Erziehungsanstalt frei, d.h. von Staat und Wirtschaft unabhängig ist.
Die geforderte Freiheit schlägt sich auch noch an anderen Merkmalen nieder: Die Schule kennt keine Geschlechtertrennung, und in einem einheitlichen zwölfjährigen Bildungsgang wird ein breites Angebot an Unterrichtsfächern bereit gehalten. Um die freie Entwicklung nicht zu verhindern, wird jeder Leistungsdruck vermieden. Statt einem Zeugnis voller Noten erstellen die Lehrer einen Rechenschaftsbericht , in dem der Schüler charakterisiert wird: Neben Angaben zu erbrachten



